Ineffektive Prozesse und schlecht organisierte Meetings tragen in vielen Unternehmen zu starken Kosten und einer angespannten Lage in der Software-Entwicklung bei. Dabei sind es nicht nur die Entwicklungsprozesse, die hier schieflaufen. Am Ende bemisst sich ein Projekt und der wirtschaftliche Erfolg immer an wirtschaftlichen Kennzahlen. Sind diese zu schlecht, werden Projekte schnell unrentabel und kritisch.
Doch nicht alleine die Entwicklung lässt den Flaschenhals immer enger werden – vielmehr verschärfen oftmals auch Unternehmensstrukturen mit zu vielen ineffektiven Meetings das Problem. Das ist bedauerlich, denn eigentlich sollten Meetings eine Chance für Innovationen und echte Mehrwerte bieten. Im Folgenden daher einige Tipps, mit denen man weit mehr als nur eine Menge Zeit und Geld sparen kann.
Über Big Pictures, Motivation und Eigenverantwortung
In einer durch hohen Druck und klare Taktung geprägten Arbeitssituation ist es schwer, das Große und Ganze zu sehen – und vor allem auch zu verstehen. Das trifft letztlich auf jeden am Projekt Beteiligten zu. Also nicht alleine auf die Entwickler, auch wenn am Ende sie es sind, die durch ihre Arbeit Anforderungen und Visionen in klickbare Technologien verwandeln.
Umso wichtiger ist es für alle, das Projekt in seinen nichttechnischen Details, den vielen User-Stories und eindeutigen Zielen zu verstehen. Denn wer Leidenschaft in die Arbeit bringt und sich mit dem Kunden und den Usern identifiziert, zieht aus dem Projekt auch einen persönlichen Mehrwert. Dafür ist natürlich kreativer Freiraum nötig. Aber damit dieser produktiv genutzt werden kann, benötigt man eine Grundlage zur Inspiration. Wenn Meetings also genau das leisten, nämlich das Big Picture zu erklären und per Meinungsaustausch und Diskussion berechtigter Einwände das Projekt zu verbessern, so wird auf einmal nicht mehr stumpf abgearbeitet, sondern alle Mitarbeiter verwirklichen sich dann auch tatsächlich in dem Projekt. Das hat extrem viele Vorteile. Eine gesteigerte Arbeitsmoral ist ein signifikanter Wettbewerbsvorteil, der sich positiv auf die oben erwähnten Kennzahlen auswirkt. Nutzt das Meeting also immer als Chance für das Big Picture!
Im Meeting relevante Prozess-Informationen austauschen
Meetings dienen in erster Linie der direkten, unmissverständlichen Kommunikation. Alle Beteiligten sollen hier mit klaren Worten von Mensch zu Mensch eindeutig über komplexe Prozesse informiert werden. Eine rein schriftliche Kommunikation hingegen, wie etwa per E-Mail, läuft immer Gefahr, dass ein jeder diese für sich selbst interpretiert. Zwar ist diese geeignet, um Dinge in Ticket Boards zu fixieren, aber eben auch anfällig für Missverständnisse und bei Weitem nicht so effizient wie der direkte Austausch. Denn bei möglichen Missverständnissen kann unmittelbar nachgefragt werden, um diese zu identifizieren und im Gespräch auszuräumen.
Leider nur werden die Inhalte von Meetings selten über die Headline hinaus geplant und kommuniziert. Eine ausformulierte Agenda im Vorfeld ist oft Fehlanzeige. Viele Meetings finden einfach statt, und die Inhalte werden erst dann präsentiert, wenn man schon zusammensitzt. Häufig sind sie auch schlecht vorbereitet, was dann dazu führt, dass man vielleicht nur einen Ausdruck in die Hand bekommt, auf dem Dinge stehen wie “Herzlich willkommen in der innovativen und digitalen Welt 2018!”. Dabei ist von großer Wichtigkeit, Meeting-Informationen und -Ziele mit einigen Tagen Vorlauf zu kommunizieren, damit die Teilnehmer Fragen vorbereiten, ihre Ideen zu dem Thema zusammenstellen und priorisieren und somit schon an dem Prozess arbeiten und ihn unterstützen können. Das würde der gesamten Sache einen entscheidenden Schub geben. Gibt es außer dem Termin nebst kurzer Headline jedoch keine Vorab-Informationen, war das alles nur eine weitere unnötige Arbeitsunterbrechung. Und im schlimmsten Fall setzt sich der Teilnehmer später spekulativ mit dem Thema auseinander, vielleicht sogar mit Kollegen via Flurfunk. Das ist schädlich, kostet Zeit und Geld. Besser ist es, hierbei von Anfang an professionell vorzugehen. Und zwar ohne Ausnahme.
Wenn wichtige Fragen nicht gestellt werden
Da die meisten Meetings aus Sicht der Verantwortlichen zu lange dauern und zu teuer sind, wird alles, was die Dauer steigert, nicht gerne gesehen. Folge: Die Teilnehmer verkneifen sich nicht nur unwichtige, sondern leider auch wichtige Fragen. “Klärt sich schon noch auf einem anderen Kanal”, heißt es dann – selbst wenn dieser ineffektiver ist, höhere Kosten nach sich zieht und weniger Informationsgehalt bietet. Damit war das vorangegangene Meeting für den Teilnehmer schon mal für die Tonne. Und das ärgert ihn. Frust kommt auf und Effizienz, Arbeitsmoral und Betriebsklima leiden. Aber immerhin zehn Minuten Zeit im Meeting selbst gespart … Viel zu oft lautet hier also die Devise: “Sparen! Koste es, was es wolle!” Das ist falsch und führt zu den genannten Problemen.
Wie in jeder anderen Kommunikation, gehören auch in Meetings Respekt und Anstand zum guten Umgang, und es gilt, aufkommende Fragen im Dialog für beide Seiten sofort und eindeutig zu klären. Sonst wären die Teilnehmer lediglich Befehlsempfänger in einer Kette. Das funktioniert natürlich auch. Aber ein kreativer Prozess, der durch die Mitarbeiter einen Mehrwert bekommen soll, kann so nicht das gewünschte Ergebnis bringen. Die Innovation bleibt aus – und der persönliche Teilerfolg an dem Projekt ebenfalls.
Insofern verursachen schlechte Meetings vor allem Kollateralschäden. Und wenn dabei allzu viele Fragen gestellt werden, bedeutet dies nicht zuletzt, dass die Informationen schlecht aufbereitet und vervollständigt und später im Meeting nur unzureichend vermittelt wurden. Auch das ist ein Feedback.
Die Informationskette fängt schon beim Erstkontakt mit dem Kunden an. Von hier an sollte alles am besten in einem Ticketsystem festgehalten und archiviert werden. Dann gibt es viel weniger Fragen. Denn jede Frage ist ja auch eine Rückmeldung zum aktuellen Informationsfluss und jedes Verschieben dieser Klärung ein wachsendes Problem. Und das kann dann sehr schnell sehr unangenehm werden.
Zusammenarbeit statt bloßes Nebeneinander
Deutschland ist im Internet so innovativ wie ein manueller Bahnübergang. Standardseiten mit Standardfeatures laufen regelmäßig kostenseitig aus dem Ruder. Jedes Mal werden die gleichen Dinge von den gleichen Leuten geschätzt und Stundenkontingente noch weiter aufgebläht. Und das Schlimme ist ja, dass die tatsächlichen Stunden gar nicht erst erfasst und berechnet werden. Die bezahlen die Mitarbeiter mit Überstunden und Kopfschmerzen. Es fehlen der fachliche Austausch und der kurze Dienstweg, und alle sind immer an ihrem Limit. Jede Frage und jede Ablenkung stört. Irgendwie lastet auf den einzelnen Personen – nicht nur in der IT – wie aus dem Nichts dann plötzlich hoher Druck, der unter anderem durch zu viel “Reibung” bei der Bedienung von vielen Tools und viel zu vielen unterschiedlichen Kommunikationskanälen entsteht. Das verursacht negativen Stress. Nichts gemacht und trotzdem im Arsch.
Klar ist: Bei jeder kreativen Arbeit von Menschen mit Menschen muss persönlich miteinander geredet werden. Tools können das nicht ersetzen. Und selbstverständlich muss auch zusammen gearbeitet werden – und nicht nur nebeneinander an verschiedenen Schreibtischen. Schaut euch doch bitte einmal die Arbeit und die Tools des anderen an. Das hilft beiden Seiten. Wir müssen an diesem Punkt umdenken, neue Wege ausprobieren und aus Feedback lernen. Das schaffen wir nicht in einem begrenzten Zeitraum an einem runden Tisch im Meetingraum.
Warum Gruppen nur Unwichtiges entscheiden können
Für die richtige Entscheidung braucht man Kompetenz und Mut. Doch wie viele der Teilnehmer des letzten Meetings erfüllten diese beiden Anforderungen …? Außerdem kann die Gruppe bei Meetings zu wichtigen Entscheidungen ohnehin nur vergleichsweise unwichtige Dinge beitragen. In meinen Augen sind Meetings wie der Publikumsjoker bei “Wer wird Millionär?”: Einfache Fragen zu Farben, der Wirkung der Seite oder der User Experience von Klick-Dummies lassen sich dort relativ leicht abstimmen und beantworten. Aber wenn es stattdessen um den Release Plan für ein neues Projekt, Marketing Features und Call to Actions auf Landingpages oder eine SEO-Strategie und deren Keywords geht …? Bitte nicht! Trotzdem werden auch hierzu immer wieder Meetings durchgeführt. Meist mit überschaubarem Erfolg.
Ich selbst wurde einmal zu einem Meeting eingeladen, in dem die Farbe eines Registrierungsbuttons diskutiert werden sollte. Dazu wurde ich als technischer Expertise eigens nach Berlin eingeflogen. Zu anderen Meetings dieser Art übrigens auch. Über Sinn und Zweck lässt sich hier trefflich streiten, zumal die Ergebnisse am Ende nur selten den Gesamtaufwand rechtfertigten. Die Wahrheit ist: Meetings dienen dazu, alle am Projekt Beteiligten zu informieren und im Boot zu behalten. Doch wenn es nach dem Willen der Geschäftsführung geht, soll in diesem Rahmen gleich auch abschließend geklärt werden, ob und wie das jeweilige Vorhaben technisch umsetzbar ist und wie dies bei möglichst geringem finanziellem Aufwand machbar ist. Dabei sind das Teuerste die Meetings selbst.
Besonders problematisch wird es, wenn die Geschäftsführung davon ausgeht, dass alle Beteiligten nach einem solchen Meeting selbstständig das “abschließend Besprochene” richtig umsetzen. Das ist Quatsch und zeugt von schlechtem Führungsstil. Denn kreative Prozesse sind nicht einmalig berechenbar und immer gleich. Sprich: Kreativität erfordert eine gewisse Flexibilität und wird durch starre Vorgaben mehr oder minder im Keim erstickt. Wer hingegen gutes Internet für User machen möchte, muss sich in deren Lage versetzen und deren Blickwinkel einnehmen. Für sie werden Internetseiten schließlich gemacht. Dennoch wird immer versucht, Kundenideen in Standard-Layouts zu pressen. Lasst das sein. Ihr seid die Internet-Experten und habt den Hut auf.
Einmal Entschiedenes darf nicht wieder umgeworfen werden?
Und wie sieht es in der Praxis aus, wenn der Kunde kommt? Schreibtische müssen aufgeräumt, Kicker-Turniere unterbrochen werden. Die Facebookseiten bleiben aus. Im Meeting wird dann das technische Konzept für den Erfolg in dem Projekt präsentiert, dazu sind zwei Geschäftsführer, ein Projektmanager und der Lead-Developer geladen. Die Gruppe soll ja klein und effektiv bleiben. Dann wird Kaffee und Gebäck aufgefahren, und 90 Minuten später fährt der gebauchpinselte Kunde satt und zufrieden nach Hause. Anschließend wird nicht mehr gearbeitet, alle Hirne sind nur noch Brei … Macht summa summarum vier volle Personentage. Wie viel Geld mag das wohl gewesen sein?
Service nennt man das, gehört dazu. Und das Ergebnis zählt. Das technische Konzept wurde durchgewinkt, und der Kunde hat es geschluckt. Zwei Tage später meldet er sich allerdings dann doch noch mit einem Änderungswunsch. Er hätte gerne ein Feature, das vor einem utopischen Szenario schützt: Was passiert, wenn zwei Personen exakt denselben Prozess exakt in derselben Mikrosekunde anstoßen? Das muss auf jeden Fall abgefangen werden! Schließlich hat sich der Kunde dieses Szenario überlegt, und es könnte theoretisch ja auch eintreten – auch wenn es technisch unmöglich ist. Minimal-Budget? Na klar. Bis wann? Muss Freitag live. Dumm nur, dass die Coder das nie kapieren und immer fragen, wann was fertig sein muss … Ironiemodus wieder aus.
Soviel also zu dem in Meetings abschließend Besprochenen …. Aber was genau ist hier nun eigentlich passiert? Das „utopische Szenario“ war bereits im Vorfeld bekannt und der damit verbundene Aufwand klar. Aber man hat entschieden, es auf keinen Fall mit anzubieten. Und dann knickt man plötzlich ein. Warum?
Ganz offen: Wenn einzelne Personen immer wieder Gruppen-Entscheidungen außer Kraft setzen können, kann man sich diese auch gleich ganz schenken. Sie sind dann völlig wertlos. Dabei sollte es doch einzig und allein Sache des Technikers sein zu überlegen, was technisch abgefangen werden muss – und was nicht. Andernfalls braucht man keine Kompetenz mehr und kann getrost nach dem Prinzip blinden Gehorsams verfahren. Genau dann steht jedoch nicht mehr das Projekt bzw. der Projekterfolg im Vordergrund. Vielmehr geht es dann nur noch um Beschäftigung. Folgt ein Großteil der Projekte diesem Muster, so überlegt man sich irgendwann, ob man nicht vielleicht gehen sollte. Das ist allemal besser, als fortwährend auf der Stelle zu treten.
Feedback ist wichtig und bringt Projekte weiter
In Prozessen jeder Art ist es wichtig, aus dem Feedback der beteiligten Personen zu lernen. Das ist bei Meetings nicht anders, da sie ein wichtiges Werkzeug im Produktionsprozess darstellen. Und mit Werkzeugen muss man bekanntlich gerne arbeiten wollen, weswegen sie stets möglichst handlich sein sollten. Umso größer ist aus den geschilderten Gründen gerade hier die Notwendigkeit, sich immer zu fragen, was man noch verbessern kann. Genauer gesagt: konstruktive Kritik zuzulassen und diese aktiv einzufordern.
Hier bietet sich eine anonyme Abstimmungssoftware an. Das führt nach allem Dafürhalten zu seriöseren Ergebnissen als ein offenes Feedback der Beteiligten, da diese sonst der Geschäftsführung nach dem Mund reden könnten. Auf diese Weise kommen immer wieder ganz neue Ideen auf den Tisch, die es auszuprobieren lohnt. Vielleicht sollten in Meetings daher anfangs kleine Brainstormings durchgeführt werden, in denen jeder drei Begriffe einbringt. Und Zusammenfassungen sollten vorzugsweise per Wiki statt im Word-Format über Slack gepostet werden. Auch Google Docs machen es möglich, gemeinsam an Dingen weiterzuarbeiten und diese an problematischen Stellen zu kommentieren. Das Wichtige ist doch, dass man ein Arbeitsergebnis hat und daran anknüpfen kann! Insgesamt bleibt in Meetings meist allzu viel liegen – auch das kann und sollte verbessert werden.
Fazit zu Meetings
Viele Methoden und Werkzeuge werden in der IT falsch eingesetzt und schaden so dem Projekt und dem Arbeitsklima. Stand-ups und Meetings gehören leider dazu. Gerade bei Meetings sind die Kosten sehr hoch. Daher gilt es, stets sparsam damit umzugehen und Meetings gut vor- und nachzubereiten. Denn wenn sie den gewünschten Mehrwert für das Projekt bringen sollen, dann müssen sie professionell geplant und durchgeführt werden. Dazu müssen Meetings ein Ziel haben und die Beteiligten in die Lage versetzt werden, sich vorher darauf einstellen zu können. Da Meetings wie alle kreativen Prozesse von Verbesserungsvorschlägen und Feedback leben, muss dafür eine einfach zugängliche Infrastruktur eingerichtet werden. Allerdings sollten die Ergebnisse von Meetings zwar exakt festgehalten werden, aber nicht für alle Zeiten in Stein gemeißelt sein. Vielmehr ist es wichtig, die Ergebnisse als gute Grundlage für eine weitere Ausarbeitung zu sehen und zu nutzen. Nur dann bieten Meetings einen echten Mehrwert im Projekt und im Unternehmen.