„Wir brauchen ein Smartphone ohne Google-Tracking – aber mit funktionierender App-Landschaft.“ Genau diesen Satz hören wir bei Never Code Alone in Beratungsprojekten immer häufiger. Mit dem neuen Jolla Phone und Sailfish OS 5 gibt es jetzt eine echte europäische Alternative, die Developer und Entscheider gleichermaßen überzeugen kann.
Das finnische Unternehmen Jolla hat Anfang Dezember 2025 sein neues Smartphone vorgestellt – und die Community reagiert begeistert: Über 2.500 Vorbestellungen in wenigen Tagen zeigen, dass der Markt reif ist für Alternativen jenseits des Android-iOS-Duopols. Als Experten für Open Source und Softwarequalität mit über 15 Jahren Erfahrung ordnen wir für euch ein, was das neue Jolla Phone kann und für wen es sich lohnt.
1. Was ist das Jolla Phone und wer steckt dahinter?
Jolla wurde 2011 von ehemaligen Nokia-Entwicklern gegründet, die das MeeGo-Projekt weiterführen wollten, nachdem Nokia auf Windows Phone umgeschwenkt war. Das Unternehmen entwickelt Sailfish OS – das einzige kommerziell erfolgreiche mobile Betriebssystem aus Europa. Nach einer Restrukturierung 2023, bei der sich das Management von russischen Investoren trennte, startet Jolla nun unter dem Namen Jollyboys Oy durch.
Das neue Jolla Phone richtet sich an Developer, Unternehmen und Privacy-Enthusiasten, die ein vollwertiges Linux-Smartphone mit modernen Spezifikationen suchen. Der Preis liegt bei 549 Euro für Early Adopters (regulär 599-699 Euro) – ein fairer Preis für das, was ihr bekommt.
2. Welche Hardware-Spezifikationen hat das neue Jolla Phone?
Die technischen Daten können sich sehen lassen und schließen die Lücke zu Mainstream-Geräten:
- Display: 6,36 Zoll AMOLED, Full HD+, Gorilla Glass, 390 ppi
- Prozessor: MediaTek 5G-Chip (genaues Modell noch nicht bestätigt)
- RAM: 12 GB
- Speicher: 256 GB intern, erweiterbar per microSD bis 2 TB
- Akku: 5.500 mAh – und hier kommt das Highlight: wechselbar!
- Kamera: 50 MP Hauptkamera, 13 MP Ultraweitwinkel
- Konnektivität: 5G, WiFi 6, Bluetooth 5.4, NFC, Dual-SIM
Besonders spannend für Entwickler: Der physische Privacy-Switch deaktiviert auf Knopfdruck Mikrofon, Bluetooth und andere potentiell sensible Komponenten. Das ist kein Software-Toggle, sondern ein Hardware-Feature.
3. Warum ist Sailfish OS für Developer interessant?
Sailfish OS basiert auf echtem Linux – nicht auf einem Android-Fork wie viele andere „alternative“ Systeme. Das bedeutet: Ihr habt vollen Root-Zugriff, könnt Terminal-Befehle nutzen und das System nach euren Wünschen anpassen. Die Oberfläche nutzt das Qt-Framework, native Apps werden in QML und C++ entwickelt.
Für uns bei Never Code Alone macht genau das den Unterschied: Ein System, das Developer als gleichberechtigte User behandelt und nicht versucht, euch in eine Sandbox zu sperren. Wer Web-Projekte entwickelt und Privacy ernst nimmt, findet hier eine Plattform, die zu modernen Development-Workflows passt.
4. Kann ich Android-Apps auf dem Jolla Phone nutzen?
Ja, und das ist einer der stärksten Punkte. Sailfish OS 5 bringt Android App Support auf Basis von Android 13 (API Level 33). Über die AppSupport-Technologie laufen Android-Apps in einer isolierten Sandbox – ohne Google Play Services, aber mit MicroG-Unterstützung.
In der Praxis bedeutet das: Messenger wie Signal oder Telegram funktionieren, Business-Apps wie Microsoft Teams oder Slack laufen, und selbst anspruchsvollere Anwendungen sind nutzbar. Banking-Apps können problematisch sein, wenn sie Root-Detection haben – hier hilft oft die Installation über den Aurora Store oder APKPure statt Google Play.
5. Wie unterscheidet sich Jolla von anderen Privacy-Phones wie Fairphone?
Der wesentliche Unterschied: Jolla entwickelt ein eigenes Betriebssystem, während Fairphone auf Android oder /e/OS setzt. Beide Ansätze haben ihre Berechtigung:
- Fairphone 6: Fokus auf Nachhaltigkeit und Reparierbarkeit, Android-basiert, 899 USD in der Murena-Version mit /e/OS
- Jolla Phone: Fokus auf Software-Unabhängigkeit und europäische digitale Souveränität, eigenes Linux-OS, 549 EUR
Aus Entwicklersicht bietet Sailfish OS mehr Kontrolle über das System. Ihr könnt direkt auf die Linux-Unterbauten zugreifen, SSH nutzen und Custom-Scripts deployen. Für Teams, die IoT-Projekte oder Embedded-Systeme entwickeln, ist das ein echter Vorteil.
6. Welche Einschränkungen gibt es bei Sailfish OS im Alltag?
Ehrlich gesagt: Es gibt Kompromisse. Der native Browser basiert auf einer älteren Gecko-Engine (ESR91), was bei manchen modernen Webseiten zu Darstellungsproblemen führen kann. Die Lösung? Einen Android-Browser wie Firefox oder Brave über AppSupport installieren.
Die App-Auswahl an nativen Sailfish-Apps ist überschaubar. Für viele Use Cases werdet ihr auf Android-Apps zurückgreifen. Das funktioniert gut, ist aber nicht so nahtlos integriert wie native Apps. Push-Notifications für Android-Apps erfordern manchmal Workarounds.
VoLTE-Support ist geräteabhängig und wurde in der Community als Pain Point genannt. Für Business-Einsatz solltet ihr prüfen, ob euer Carrier unterstützt wird.
7. Lohnt sich das Jolla Phone für Enterprise-Einsatz?
Sailfish OS hat bereits Referenzen im Enterprise- und Government-Bereich. Die russische Regierung setzte lange auf Sailfish-basierte Geräte, und auch in anderen Ländern gibt es Deployments für sensible Bereiche. Nach der Trennung von russischen Investoren positioniert sich Jolla nun explizit als europäische Alternative.
Für Unternehmen, die DSGVO-Compliance ernst nehmen und unabhängig von US-amerikanischen oder chinesischen Betriebssystemen sein wollen, ist Sailfish OS eine echte Option. MDM-Funktionen sind vorhanden, Verschlüsselung ist Standard, und die Firewall-Konfiguration liegt in euren Händen.
8. Wie installiere ich Sailfish OS auf anderen Geräten?
Wenn ihr nicht auf das neue Jolla Phone warten wollt (Auslieferung H1 2026), könnt ihr Sailfish X auf unterstützten Sony Xperia-Modellen installieren. Aktuell werden unterstützt:
- Sony Xperia 10 V
- Sony Xperia 10 IV
- Sony Xperia 10 III
- Sony Xperia 10 II
Die Installation erfordert einen freigeschalteten Bootloader und dauert etwa 30 Minuten. Für Entwickler mit Linux-Erfahrung kein Problem – und ihr könnt Sailfish OS so risikofrei testen, bevor ihr in dedizierte Hardware investiert.
9. Was kostet Sailfish OS und wie funktioniert das Subscription-Modell?
Seit 2024 setzt Jolla auf ein Subscription-Modell: Nach einer kostenlosen Testphase fallen etwa 5 Euro pro Monat an. Klingt ungewöhnlich für ein Betriebssystem, aber bedenkt: Ein kleines finnisches Unternehmen kann nicht mit den Werbemilliarden von Google konkurrieren.
Das Jolla Phone kommt mit einem Jahr Subscription inklusive. Danach könnt ihr wählen: Weiterzahlen für Updates oder auf dem aktuellen Stand bleiben. Ihr verliert keine Funktionen – nur neue Updates bleiben aus.
10. Wie kann ich als Developer zur Sailfish-Community beitragen?
Sailfish OS ist zu großen Teilen Open Source. Die Community trifft sich im offiziellen Forum (forum.sailfishos.org) und entwickelt aktiv mit. Für Qt-Entwickler ist der Einstieg besonders niedrigschwellig – das SDK ist gut dokumentiert und ihr könnt direkt auf dem Gerät debuggen.
Wenn ihr Privacy-Tools, Business-Apps oder Developer-Utilities entwickeln wollt, findet ihr hier eine dankbare Zielgruppe. Die Sailfish-Community ist technisch versiert und schätzt Qualität über Quantität.
Fazit: Für wen ist das Jolla Phone die richtige Wahl?
Das Jolla Phone ist kein Mainstream-Gerät – und will es auch nicht sein. Es richtet sich an Developer und Entscheider, die:
- Privacy ernst nehmen und kein Google-Tracking wollen
- Linux-Kompetenz haben und diese auf dem Smartphone nutzen wollen
- Europäische digitale Souveränität unterstützen möchten
- Ein wechselbarer Akku und microSD-Slot wichtig sind
- Enterprise-Deployments mit voller Kontrolle planen
Wenn ihr IoT-Projekte betreut, sichere Mobile-Lösungen für Kunden entwickelt oder einfach ein Smartphone wollt, das euch als Developer respektiert – dann schaut euch das Jolla Phone an.
Habt ihr Fragen zur Integration von Linux-basierten Mobile-Lösungen in eure Infrastruktur? Mit über 15 Jahren Erfahrung in Softwarequalität, Open Source und Remote Consulting unterstützen wir euch gerne. Schreibt uns eine E-Mail an roland@nevercodealone.de – wir melden uns zeitnah zurück.
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