„Der Agent hat den Bug gefunden, behoben und im Browser getestet – während ich Kaffee geholt habe.“ Klingt nach Science-Fiction? Willkommen in der Realität von Google Antigravity, der neuen agentenbasierten Entwicklungsplattform, die am 18. November 2025 parallel zu Gemini 3 das Licht der Welt erblickt hat.
Nach über 15 Jahren Erfahrung in der Softwareentwicklung haben wir schon viele Tools kommen und gehen sehen. Aber Antigravity ist anders. Hier geht es nicht um besseres Autocomplete oder clevere Code-Snippets. Hier übernehmen KI-Agenten eigenständig komplette Entwicklungsaufgaben – über Editor, Terminal und Browser hinweg.
Was macht Antigravity anders als Cursor und Co.?
Die meisten von euch kennen das Prinzip von GitHub Copilot oder Cursor: Die KI schlägt Code vor, ihr akzeptiert oder lehnt ab. Ihr seid am Steuer, die KI ist euer Beifahrer.
Antigravity dreht dieses Verhältnis um. Hier seid ihr die Architekten und Projektmanager, die KI-Agenten sind eure Engineering-Teams. Ihr definiert das „Was“, die Agenten kümmern sich eigenständig um das „Wie“.
Das zeigt sich konkret in der Benutzeroberfläche: Statt einem Chat-Fenster in der Seitenleiste gibt es bei Antigravity einen Agent Manager – eine Art Mission Control für eure digitalen Entwickler. Von dort aus könnt ihr mehrere Agenten parallel orchestrieren, die gleichzeitig an verschiedenen Aufgaben arbeiten.
Ein Agent kann beispielsweise ein Frontend-Feature implementieren, während ein zweiter Agent im Hintergrund die API-Dokumentation aktualisiert und ein dritter Sicherheits-Checks durchführt. Alle arbeiten asynchron, koordiniert über gemeinsame Workspaces.
Die drei Surfaces von Antigravity
Google hat Antigravity um drei zentrale „Surfaces“ herum konzipiert:
Agent Manager: Euer Command Center. Hier spawnt ihr neue Agenten, weist ihnen Tasks zu und überprüft den Fortschritt über eine Inbox. Der Agent Manager zeigt euch nicht einzelne Code-Changes, sondern strukturierte Artifacts – Implementierungspläne, Task-Listen, Screenshots und Browser-Recordings, die nachvollziehbar machen, was der Agent gemacht hat und warum.
Code Editor: Ein VS Code Fork, der sich vertraut anfühlt. Tab-Completion, inline Commands, alles da. Aber der Editor ist nicht mehr das Zentrum eurer Arbeit, sondern eine von mehreren Oberflächen, auf die Agenten zugreifen können.
Integrierter Browser: Das ist der Game-Changer. Über eine Chrome-Extension können Agenten eure Webanwendungen wie menschliche Tester bedienen. Sie klicken Buttons, füllen Formulare aus, navigieren durch die App und verifizieren, ob Features wie erwartet funktionieren. Der Agent nimmt dabei Screenshots und Browser-Recordings auf, die ihr reviewen könnt.
Gemini 3 als Antrieb: Das steckt unter der Haube
Antigravity basiert auf Googles neuem Gemini 3 Pro Modell, das speziell für agentic Coding optimiert wurde. Die Benchmark-Zahlen sind beeindruckend: 76,2% auf SWE-bench Verified und 54,2% auf Terminal-Bench 2.0.
Was bedeutet das praktisch? Gemini 3 kann über 1 Million Tokens verarbeiten – das entspricht kompletten Monorepos ohne Truncation. Der Agent versteht eure gesamte Codebasis plus externe Dokumentation im Kontext.
Interessanterweise ist Antigravity nicht auf Gemini beschränkt. Ihr könnt zwischen drei Modellen wählen:
- Gemini 3 Pro (Googles Flaggschiff)
- Claude Sonnet 4.5 (von Anthropic)
- GPT-OSS (OpenAIs Open-Weight-Modelle)
Diese Multi-Model-Flexibilität ist klug: Verschiedene Aufgaben profitieren von verschiedenen Modellen. Gemini für komplexes Reasoning, Claude für präzise Code-Generierung, GPT-OSS für experimentelle Workflows.
Ist Antigravity der Cursor-Killer?
Die Developer-Community diskutiert hitzig: Hat Google gerade Cursor obsolet gemacht? Die Antwort ist komplizierter als ein simples Ja oder Nein.
Wo Antigravity glänzt:
- Multi-Agent-Orchestrierung über mehrere Workspaces
- Browser-in-the-Loop Testing ohne zusätzliche Tools
- Artifact-basierte Verifikation statt roher Tool Calls
- Riesiges Kontextfenster für Monorepo-Verständnis
- Kostenlos während der Public Preview
Wo Cursor Vorteile hat:
- Ausgereifter, stabiler Produktionsbetrieb
- Schnellere Iteration bei einfachen Code-Änderungen
- Etabliertes Enterprise-Ökosystem
- Weniger initiale Setup-Probleme
Unsere Einschätzung nach ersten Tests: Antigravity eignet sich hervorragend für komplexe, taskbasierte Workflows – Feature-Implementierungen, Refactorings, API-Design. Cursor ist stärker bei schnellem, interaktivem Coding mit vielen kleinen Änderungen.
Die beiden Tools schließen sich nicht aus. Einige Developer nutzen bereits beide: Cursor für tägliches Coding, Antigravity für größere Feature-Aufgaben.
Installation und erste Schritte: Die häufigsten Stolpersteine
Kommen wir zum praktischen Teil. Antigravity ist verfügbar für macOS, Windows und Linux. Der Download läuft über antigravity.google/download.
Die Installation an sich ist straightforward:
- Installer herunterladen (ca. 200 MB)
- Installieren und starten
- Mit Google Account anmelden
- Chrome Extension installieren
Aber: Der Launch am 18. November war holprig. Viele User berichten von einem endlosen „Setting up your account“-Screen. Google arbeitet an Fixes, aber hier sind Workarounds, die funktionieren:
Login-Probleme lösen:
- Nutzt einen privaten Gmail-Account, keine Google Workspace-Accounts (die machen häufiger Probleme)
- Setzt Chrome temporär als Default-Browser
- Schließt die App komplett und versucht es erneut
- Bei „Model provider overload“-Errors: Später nochmal versuchen, Google skaliert gerade die Server
Regionale Einschränkungen:
Einige Regionen sind noch nicht supported. Falls ihr „Account not eligible for this location“ seht, könnt ihr die Region eures Google Accounts über policies.google.com/country-association-form ändern. Taiwan, Japan und USA funktionieren zuverlässig.
Wie sieht euer erster Agent-Task aus?
Nach erfolgreichem Setup öffnet ihr den Playground im Agent Manager und gebt einen Task ein:
„Build a responsive flight tracker app in Next.js. User enters flight number, sees departure/arrival times with time zones, origin and destination. Test it in the browser.“
Der Agent:
- Erstellt einen Implementierungsplan (Artifact)
- Scaffolded die Next.js-App
- Implementiert Frontend und API-Calls
- Startet den Dev-Server im Terminal
- Öffnet die App im Browser
- Testet die Funktionalität selbständig
- Nimmt ein Walkthrough-Video auf
Ihr erhaltet strukturierte Artifacts, die ihr reviewen könnt, bevor ihr die Changes mergt. Gefällt euch etwas nicht? Hinterlasst Google-Docs-Style-Kommentare, der Agent iteriert weiter.
Was kostet Antigravity wirklich?
Aktuell: Gar nichts. Die Public Preview ist komplett kostenlos mit „generous rate limits“ für Gemini 3 Pro. Google refresht die Limits alle 5 Stunden.
Wie diese Limits genau berechnet werden, ist nicht offiziell dokumentiert. Early Adopters berichten, dass sie mehrere komplette Apps pro Tag bauen konnten, bevor sie an Limits stießen. Für experimentelles Arbeiten und Prototyping ist das mehr als ausreichend.
Was kommt später?
Google hat Team- und Enterprise-Pläne angekündigt („coming soon“). Realistisch ist ein Pricing-Modell ähnlich zu Cursor (20-40$/Monat/Seat). Für Startups und Freelancer dürfte die kostenlose Individual-Version aber lange ausreichen.
Vergleich zu Cursor:
Cursor kostet derzeit $20/Monat (Pro) oder $40/Monat (Business). Mit dem Pricing hat Cursor 2025 über $1 Milliarde ARR erreicht und eine Bewertung von $29,3 Milliarden erzielt. Interessanterweise ist Google selbst Investor in Cursor – sie hedgen also ihre Strategie.
Sicherheit und Datenschutz: Was passiert mit eurem Code?
Eine kritische Frage, die wir bei Never Code Alone immer stellen: Wo landen eure Daten?
Was Google offiziell sagt:
Antigravity hat in den Settings einen Opt-out-Toggle „for use in evaluating, developing, and improving Antigravity and models“. Standardmäßig können eure Eingaben also zum Training verwendet werden.
Best Practices für Production-Code:
- Aktiviert den Opt-out in den Settings
- Nutzt Antigravity in sandboxed Environments für sensitive Projekte
- Reviewt alle Agent-Actions bevor ihr sie mergt
- Für hochsensible Enterprise-Codebases wartet auf self-hosted Optionen
Google warnt selbst: „Antigravity is known to have certain security limitations“, insbesondere Data Exfiltration und Code Execution. Die Agenten haben signifikante Autonomy, deshalb ist Human Review essentiell.
Für interne Prototypen, Open-Source-Projekte und Experimente ist das Risiko überschaubar. Für Production-Code mit Geschäftsgeheimnissen würden wir aktuell noch Vorsicht walten lassen.
Artifacts: Warum Transparenz bei Agent-Actions wichtig ist
Eines der cleveren Design-Prinzipien von Antigravity sind die Artifacts. Statt euch nur finalen Code zu zeigen oder euch mit tausenden Tool Calls zu bombardieren, erzeugen Agenten strukturierte Deliverables:
Task Lists: Was wird der Agent machen? In welcher Reihenfolge? Welche Dependencies gibt es?
Implementation Plans: Architektur-Entscheidungen, Tech-Stack-Choices, Trade-offs und Begründungen.
Walkthroughs: Step-by-step-Erklärungen, wie das implementierte Feature funktioniert.
Screenshots & Browser Recordings: Visueller Beweis, dass die Tests funktioniert haben.
Knowledge Base: Der Agent lernt aus vergangenen Tasks und baut ein internes Wissensarchiv auf.
Diese Artifacts dienen mehreren Zwecken: Sie schaffen Vertrauen, ermöglichen asynchrone Reviews und fungieren als Living Documentation. Für Code Reviews und Audits sind sie Gold wert.
Multi-Agent-Workflows: Wenn mehrere Agenten zusammenarbeiten
Hier wird es richtig interessant. Stellt euch vor:
Agent A refactored euren Auth-Flow von Sessions auf JWT. Agent B updated parallel die API-Dokumentation. Agent C führt Security-Checks durch und erstellt einen Compliance-Report.
Alle drei Agenten arbeiten gleichzeitig in verschiedenen Workspaces. Über den Agent Manager seht ihr den Fortschritt in Echtzeit via Inbox-Notifications.
Das funktioniert, weil Antigravity State und Context über Workspaces hinweg teilt. Die Agenten wissen voneinander und können ihre Arbeit koordinieren. Konflikte werden proaktiv gemeldet.
Praktische Anwendungen:
- Feature-Development + Testing + Dokumentation parallel
- Legacy-Code-Migration über mehrere Module hinweg
- API-Design + Client-SDK-Generation + Integration-Tests
- Performance-Optimization + Monitoring-Setup + Alerting-Configuration
Der Workflow ist näher an einem echten Development-Team als an einem Tool. Ihr delegiert, reviewt, gebt Feedback – die Implementierung läuft autonom.
Wie Antigravity in euer bestehendes Setup passt
Die gute Nachricht: Antigravity ist ein VS Code Fork. Eure Settings, Extensions und Keybindings könnt ihr direkt importieren.
VS Code Extensions: Die meisten funktionieren out-of-the-box. Ein paar UI-heavy Extensions können mit dem neuen „Glass“-Theme von Antigravity kollidieren, aber das sind Einzelfälle.
Git Integration: Standard-VS-Code-Git funktioniert wie erwartet. Source Control View, Commit, Push – alles da.
Terminal: Zugriff auf eure Shell, aber Achtung: Der Agent versucht manchmal Linux-Commands auf Windows-Systemen. In den Custom Instructions könnt ihr „Always use PowerShell Core“ eintragen.
Remote Development: SSH, WSL, Dev Containers – die typischen VS Code Remote-Features sind verfügbar.
Der Umstieg ist also schmerzfrei, wenn ihr bereits VS Code gewohnt seid. Die Lernkurve liegt nicht in der IDE selbst, sondern im neuen Mental Model des Agent-First-Workflows.
Wann macht Antigravity für euch Sinn?
Basierend auf unseren ersten Wochen Testing hier unsere Empfehlungen:
Perfekt geeignet für:
- Full-Stack-Developer, die häufig zwischen Editor, Terminal und Browser wechseln
- Teams, die komplexe Refactorings oder Migrationen durchführen
- Prototyping und MVP-Development unter Zeitdruck
- API-heavy Projects mit vielen Integrations-Tests
- Entwickler, die Tasks delegieren statt jeden Keystroke selbst tippen wollen
Weniger geeignet für:
- Einsteiger, die hauptsächlich Autocomplete und Code-Erklärungen brauchen
- Extrem zeitkritisches Production-Coding (noch zu viele Launch-Kinderkrankheiten)
- Hochsensible Enterprise-Codebases ohne Self-Hosting-Option
- Entwickler, die vollständige Kontrolle über jeden Code-Change wollen
Typische Use Cases aus der Praxis:
Ein Frontend-Developer bei einem unserer Consulting-Kunden nutzt Antigravity für Komponenten-Refactorings. Der Agent transformiert Class Components zu Functional Components mit Hooks, updated Tests und verifiziert die UI im Browser. Aufwand: 20 Minuten statt 3 Stunden.
Ein Backend-Team migriert ihre REST-API zu GraphQL. Sie definieren das Schema, der Agent generated Resolver, Mutations, Queries und validiert gegen Beispiel-Requests. Parallel erzeugt ein zweiter Agent TypeScript-Types für Frontend-Teams.
Unsere Expertise: Wie wir euch mit Antigravity helfen können
Bei Never Code Alone spezialisieren wir uns auf Softwarequalität, modernste Entwicklungs-Workflows und Remote Consulting. Tools wie Antigravity sind genau unser Spielfeld.
Was wir für euch tun:
Evaluation & Setup: Ihr seid unsicher, ob Antigravity zu eurem Stack passt? Wir analysieren eure Codebases, testen Workflows und geben euch eine klare Empfehlung.
Custom Agent Workflows: Antigravity ist mächtig, aber ihr müsst wissen, wie ihr Agenten optimal konfiguriert. Wir entwickeln maßgeschneiderte Task-Templates und Best Practices für eure spezifischen Anwendungsfälle.
Team-Training: Euer Team soll produktiv mit Agent-First-Development werden? Wir schulen eure Developer in praktischen Remote-Workshops – mit echten Projekten, nicht Powerpoint-Folien.
Quality Gates & Reviews: Ihr wollt Antigravity in Production nutzen, aber sicherstellen, dass Agent-Code eure Standards erfüllt? Wir integrieren Antigravity in eure CI/CD-Pipeline mit automatisierten Quality Checks.
Der einfachste Weg:
Schreibt uns eine E-Mail an roland@nevercodealone.de. Wir schauen uns eure Situation an und machen euch ein unverbindliches Angebot. Oft ist der Einstieg einfacher als gedacht, und wir finden schnell heraus, wo Antigravity echten Business-Value liefert.
Fazit: Agent-First ist die Zukunft – aber kein Sprint
Google Antigravity zeigt uns, wohin die Reise geht. Nicht bessere Assistenten, sondern autonome Agenten, die komplette Tasks eigenständig durchführen.
Die Public Preview hat noch Launch-Probleme: Login-Issues, Provider-Overloads, fehlende Features. Aber das ist typisch für Google-Launches. Die technische Vision ist klar, die Implementierung wird schnell reifen.
Solltet ihr jetzt umsteigen?
Für Production-Code: Noch abwarten, bis die gröbsten Bugs behoben sind.
Für Side Projects und Experimente: Unbedingt ausprobieren. Das Agent-First-Paradigm ist ein Game-Changer.
Für Team-Workflows: Langsam einführen, erst in Prototyping-Phasen testen.
Was sicher ist: Die Art, wie wir Software entwickeln, ändert sich fundamental. Von „Code schreiben“ zu „Agenten orchestrieren“. Von „jeden Keystroke selbst tippen“ zu „Ziele definieren und verifizieren“.
Antigravity ist erst der Anfang. Aber es ist ein verdammt guter Anfang.
Lasst uns gemeinsam herausfinden, wie Agent-First-Development euren Workflow beschleunigt. Modern, transparent, mit der Expertise aus über 15 Jahren Softwareentwicklung.
Never Code Alone – Gemeinsam für bessere Software-Qualität!
Kontakt: roland@nevercodealone.de
