„Wir brauchen endlich ein Data-Team, aber sollen wir selbst aufbauen oder externe Lösungen einkaufen?“ Diese Frage höre ich fast wöchentlich in Gesprächen mit mittelständischen Unternehmen. Nach über 15 Jahren Erfahrung in Softwarequalität, Open Source und Remote Consulting kann ich euch sagen: Die Antwort ist selten schwarz-weiß.
Der Mittelstand vor der Data-Herausforderung
Ihr kennt die Situation: Die Daten wachsen exponentiell, die Konkurrenz nutzt bereits KI-gestützte Analysen, und der Vorstand will endlich datengetriebene Entscheidungen. Gleichzeitig sitzen 70.000 bis 80.000 Euro Jahresgehalt für einen einzigen Data Engineer schwer im Budget. Die Verlockung ist groß, einfach eine fertige Lösung einzukaufen. Aber ist das wirklich günstiger?
Das Team von Never Code Alone hat in unzähligen Projekten beide Wege begleitet – vom kompletten Inhouse-Aufbau bis zur vollständigen Auslagerung. Die Wahrheit liegt meist dazwischen.
Die echten Kosten verstehen – nicht nur das Preisschild
Wie viel kostet ein internes Data-Team wirklich?
Die Personalkosten sind nur die Spitze des Eisbergs. Ein dreiköpfiges Team (Data Engineer, Data Analyst, Data Architect) kostet euch mindestens 180.000 bis 250.000 Euro jährlich – nur an Gehältern. Dazu kommen:
- Schulungskosten: 15.000-30.000 Euro pro Jahr
- Infrastruktur und Tools: 20.000-50.000 Euro Initial
- Recruiting-Kosten bei Fluktuation: 10.000-20.000 Euro pro Position
- Opportunity-Kosten durch lange Einarbeitungszeit: unbezahlbar
Unsere Erfahrung zeigt: Rechnet mit dem 1,5-fachen der reinen Gehälter als Gesamtkosten. Ein internes Team ist eine Investition in die Zukunft – aber nur, wenn ihr die Zeit habt zu warten.
Build-Ansatz: Wann interne Teams Sinn machen
Welche Voraussetzungen braucht ihr für ein erfolgreiches internes Data-Team?
Nicht jedes Unternehmen ist bereit für den Aufbau eines eigenen Data-Teams. Folgende Faktoren sind entscheidend:
Ihr braucht eine klare Datenstrategie. Ohne Vision wird euer Team zum teuren Reporting-Service degradiert. Die kritische Unternehmensgröße liegt bei etwa 100-150 Mitarbeitern – darunter fehlt meist die kritische Datenmasse.
Ein funktionierendes Data-Team braucht zudem:
- Executive Sponsorship auf C-Level
- Mindestens 18 Monate Durchhaltevermögen bis zur Produktivität
- Eine Kultur, die Experimente und Fehler toleriert
- Bestehende IT-Infrastruktur als Fundament
Warum dauert der Aufbau eines Data-Teams so lange?
Die Realität ist ernüchternd: Von der ersten Stellenausschreibung bis zum produktiven Team vergehen meist 12-18 Monate. Warum?
Der Fachkräftemangel ist real – auf eine Data-Engineering-Stelle kommen durchschnittlich nur 3-5 qualifizierte Bewerber. Die Einarbeitungszeit beträgt mindestens 3-6 Monate, bis neue Mitarbeiter eure Datenlandschaft verstehen. Tool-Evaluierung und Setup verschlingen weitere 2-3 Monate. Und dann beginnt erst die eigentliche Arbeit.
Ein Kunde aus der Logistikbranche brauchte 14 Monate vom Startschuss bis zum ersten produktiven Dashboard. Das ist keine Ausnahme, sondern die Regel.
Buy-Ansatz: Die schnelle Lösung mit Tücken
Welche versteckten Kosten lauern bei externen Lösungen?
Der Preis auf der Webseite ist nur der Anfang. Bei Cloud-basierten Data-Warehouse-Lösungen explodieren die Kosten oft mit dem Datenvolumen. Ein mittelständischer E-Commerce-Kunde erlebte eine böse Überraschung: Aus geplanten 2.000 Euro monatlich wurden plötzlich 8.000 Euro – die Datenmenge war schneller gewachsen als das Budget.
Versteckte Kostentreiber sind:
- API-Calls und Datenübertragung: 0,10-0,50 Euro pro GB
- Premium-Konnektoren: 500-2.000 Euro pro Monat extra
- Customizing und Anpassungen: 150-300 Euro Stundensatz
- Vendor Lock-in: Migrationkosten von 50.000-200.000 Euro
Wie abhängig macht ihr euch von externen Anbietern?
Die Vendor-Lock-in-Falle ist real. Wenn eure Daten erst einmal in proprietären Formaten gespeichert sind, wird ein Wechsel zum Alptraum. Ein Maschinenbauer musste 180.000 Euro investieren, um von seinem ersten BI-Anbieter wegzukommen – die Datenstrukturen waren so spezifisch, dass eine Migration fast einer Neuentwicklung gleichkam.
Kritische Abhängigkeiten entstehen bei:
- Proprietären Datenmodellen ohne Export-Möglichkeit
- Geschäftskritischen Prozessen auf Vendor-APIs
- Fehlender interner Dokumentation der Datenflüsse
- Keine Fallback-Strategie bei Anbieter-Ausfall
Der hybride Weg: Best of Both Worlds
Warum ist ein Mix aus Build und Buy oft die beste Lösung?
In der Praxis hat sich ein pragmatischer Ansatz bewährt: Startet mit bewährten Cloud-Lösungen für die Basics und baut parallel internes Know-how auf.
Das Erfolgsrezept:
- Phase 1 (Monate 0-6): Managed Services für schnelle Wins
- Phase 2 (Monate 6-12): Ersten Data Analyst einstellen, der mit den Tools arbeitet
- Phase 3 (Monate 12-18): Data Engineer für kritische Customizations
- Phase 4 (ab Monat 18): Strategische Entscheidung über Insourcing
Ein Beispiel aus unserer Praxis: Ein Mittelständler im Gesundheitswesen startete mit Snowflake als Data Warehouse (Buy) und baute gleichzeitig ein kleines Team für die Datenaufbereitung auf (Build). Nach 24 Monaten hatten sie die perfekte Balance: Robuste Infrastruktur vom Vendor, aber volle Kontrolle über ihre Geschäftslogik.
Welche Tools eignen sich für den Einstieg ohne großes Team?
Für den Start ohne dediziertes Data-Team empfehlen wir:
# Starter-Stack für Mittelstand ohne Data-Team
Datenintegration:
- Airbyte (Open Source) oder Fivetran (Managed)
- Kosten: 0-2.000€/Monat
Data Warehouse:
- PostgreSQL + TimescaleDB (Open Source)
- Alternative: BigQuery (Pay-per-Query)
- Kosten: 100-1.000€/Monat
Visualisierung:
- Metabase (Open Source) oder PowerBI
- Kosten: 0-500€/Monat
Orchestrierung:
- Apache Airflow (selbst gehostet)
- Alternative: Zapier/Make für Simple Workflows
- Kosten: 0-300€/Monat
Diese Tools könnt ihr mit einem einzelnen Tech-affinen Mitarbeiter betreiben und später ausbauen.
Entscheidungskriterien für eure Situation
Wann lohnt sich der Aufbau eines eigenen Teams definitiv?
Ein eigenes Data-Team macht Sinn, wenn:
- Eure Daten einen echten Wettbewerbsvorteil darstellen
- Ihr mehr als 50 Millionen Euro Jahresumsatz habt
- Datenanalyse zum Kerngeschäft gehört
- Ihr bereits 3+ Jahre Erfahrung mit externen Lösungen habt
- Die TCO (Total Cost of Ownership) für externe Lösungen 200.000 Euro/Jahr übersteigt
Ein Logistik-Unternehmen mit 180 Millionen Euro Umsatz sparte durch den Wechsel von externen Dienstleistern zu einem internen Team nach 3 Jahren über 40% der Kosten – aber erst nach dieser Anlaufzeit.
Wie berechnet ihr die Total Cost of Ownership richtig?
Die meisten Unternehmen unterschätzen die wahren Kosten massiv. Unsere TCO-Formel für realistische Planung:
# TCO-Berechnung für Data-Team (5 Jahre)
## Build (Internes Team)
personal = 3 * 75000 * 5 # 3 Mitarbeiter, 5 Jahre
schulung = 20000 * 5 # Kontinuierliche Weiterbildung
tools = 30000 + (5000*5) # Initial + laufend
infrastruktur = 50000 + (10000*5)
opportunitaet = 100000 # Verzögerte Time-to-Market
build_tco = personal + schulung + tools + infrastruktur + opportunitaet
# = 1.420.000 Euro
## Buy (Externe Lösung)
lizenzen = 5000 * 12 * 5 # Monatliche Lizenzen
customizing = 100000 # Einmalig
support = 2000 * 12 * 5 # Support-Verträge
migration_risiko = 150000 # Potenzielle Exit-Kosten
buy_tco = lizenzen + customizing + support + migration_risiko
# = 670.000 Euro
## Hybrid
buy_jahr1 = 5000 * 12
personal_ab_jahr2 = 1 * 75000 * 4 # 1 Person für 4 Jahre
tools_reduziert = 2000 * 12 * 4
hybrid_tco = buy_jahr1 + personal_ab_jahr2 + tools_reduziert
# = 456.000 Euro
Die Zahlen sprechen für sich – aber Vorsicht: Das gilt nur, wenn ihr nicht hochspezialisierte Anforderungen habt.
Open Source als dritter Weg
Können Open-Source-Lösungen die Kostenfalle umgehen?
Open Source ist kein Gratis-Lunch, aber oft der intelligentere Mittelweg. Tools wie Apache Airflow, dbt oder Metabase bieten Enterprise-Features ohne Vendor-Lock-in.
Die Vorteile:
- Keine Lizenzkosten (aber Hosting und Wartung!)
- Volle Kontrolle über eure Daten
- Große Community für Support
- Anpassbar an eure Bedürfnisse
Die Nachteile:
- Ihr braucht technische Expertise im Haus
- Support nur über Community oder bezahlte Dienstleister
- Sicherheitsupdates in eurer Verantwortung
- Integration oft aufwändiger
Ein Kunde aus dem Maschinenbau spart mit seinem Open-Source-Stack (PostgreSQL, Airflow, Superset) über 100.000 Euro jährlich gegenüber kommerziellen Alternativen – investiert aber 30% dieser Summe in einen dedizierten DevOps-Engineer.
Praktische Roadmap für euren Start
Egal für welchen Weg ihr euch entscheidet, hier unsere bewährte 90-Tage-Roadmap:
Tage 1-30: Assessment und Strategie
- Datenquellen inventarisieren
- Use Cases priorisieren (Start mit Quick Wins!)
- Budget realistisch kalkulieren
- Stakeholder ins Boot holen
Tage 31-60: Proof of Concept
- Einen konkreten Use Case implementieren
- 2-3 Tools evaluieren (nicht mehr!)
- Ersten Mehrwert demonstrieren
- Skalierbarkeit testen
Tage 61-90: Entscheidung und Rollout
- Build vs Buy vs Hybrid entscheiden
- Roadmap für 12 Monate erstellen
- Team oder Partner auswählen
- Change Management starten
Der Realitätscheck: Typische Fehler vermeiden
Aus über 15 Jahren Beratungserfahrung kennen wir die klassischen Stolperfallen:
Fehler 1: Zu viele Tools gleichzeitig evaluieren
Lösung: Maximal 3 Tools parallel testen, klare Kriterien vorher definieren
Fehler 2: Unterschätzte Datenqualität
Lösung: 40% der Zeit für Datenbereinigung einplanen – immer!
Fehler 3: Fehlende Executive Unterstützung
Lösung: Ohne C-Level Sponsor kein Start – keine Ausnahmen
Fehler 4: Unrealistische Zeiterwartungen
Lösung: Verdoppelt eure Zeitschätzung, dann seid ihr realistisch
KI und Machine Learning: Game Changer oder Hype?
Braucht ihr wirklich KI in eurem Data-Stack?
Die ehrliche Antwort: Wahrscheinlich noch nicht. 80% der Mittelständler haben noch nicht mal saubere Daten für klassische BI, geschweige denn für Machine Learning.
Unsere Faustregel: Erst wenn ihr diese Meilensteine erreicht habt, macht KI Sinn:
- Saubere, konsistente Datenquellen
- Funktionierende BI mit regelmäßigen Reports
- Data Governance etabliert
- Mindestens 2 Jahre historische Daten
- Konkrete Use Cases mit messbarem ROI
Ein Beispiel: Ein Einzelhändler wollte direkt mit Predictive Analytics starten – nach 6 Monaten Frustration gingen wir zurück zu Excel-basierten Analysen. Erst nach 18 Monaten Datenaufbereitung konnten wir erfolgreich Absatzprognosen mit Machine Learning implementieren.
Konkrete Handlungsempfehlung für eure Situation
Basierend auf unserer Erfahrung mit über 100 Mittelstandsprojekten:
Für Unternehmen < 50 Mitarbeiter:
→ Buy-First-Ansatz mit SaaS-Lösungen
→ Ein dedizierter „Data Champion“ intern
→ Budget: 1.000-3.000 Euro/Monat
Für Unternehmen 50-200 Mitarbeiter:
→ Hybrid-Modell mit 1-2 internen Experten
→ Managed Services für Infrastruktur
→ Budget: 5.000-15.000 Euro/Monat
Für Unternehmen > 200 Mitarbeiter:
→ Strategische Build-Entscheidung evaluieren
→ Start mit 3-köpfigem Kernteam
→ Budget: 20.000-50.000 Euro/Monat
Unser Angebot: Pragmatische Unterstützung statt teurer Konzepte
Nach über 15 Jahren Erfahrung in Softwarequalität, Open Source und Remote Consulting wissen wir: Ihr braucht keine 200-seitigen Strategiepapiere, sondern pragmatische Lösungen, die funktionieren.
Wir unterstützen euch bei:
- Data-Strategie-Workshop (2 Tage): Klarheit über euren Weg
- Tool-Evaluation: Unabhängige Bewertung ohne Vendor-Bias
- Interim Data Management: Überbrückung bis euer Team steht
- Team-Aufbau-Coaching: Die richtigen Leute finden und einarbeiten
Keine Hochglanzfolien, keine leeren Versprechen – nur ehrliche Beratung basierend auf echter Praxiserfahrung.
Fazit: Der pragmatische Mittelweg gewinnt
Die Entscheidung zwischen Build und Buy ist keine Entweder-oder-Frage. Erfolgreiche Mittelständler kombinieren das Beste aus beiden Welten: Schnelle Time-to-Market durch externe Tools, langfristiger Kompetenzaufbau durch internes Know-how.
Startet klein, lernt schnell, skaliert intelligent. Und vergesst nie: Daten sind nur wertvoll, wenn ihr sie auch nutzt. Lieber ein funktionierendes Excel-Dashboard heute als ein perfektes KI-System in drei Jahren.
Direkte Unterstützung für euren Data-Journey
Ihr steht vor der Build-vs-Buy-Entscheidung? Oder steckt mittendrin und kommt nicht weiter? Mit über 15 Jahren Expertise in Softwarequalität und Remote Consulting helfen wir euch, den richtigen Weg zu finden.
Kontakt: roland@nevercodealone.de
Lasst uns in einem unverbindlichen Gespräch klären, welcher Ansatz für eure spezifische Situation der richtige ist. Keine Standardkonzepte, sondern maßgeschneiderte Lösungen, die zu eurem Budget und euren Zielen passen.
Never Code Alone – Gemeinsam für bessere Software-Qualität!